Mehrstündige Theaterperformances haben für mich etwas von Expedition: Sie verlangen Ausdauer, Aufmerksamkeit und eine gewisse Bereitschaft, sich auf Zeit und Intensität einzulassen. Nach vielen Abenden, an denen ich mich entweder großartig oder völlig erschöpft aus dem Saal geschlichen habe, habe ich mir eine Routine angeeignet. Hier teile ich meine persönlichen Strategien — praktisch, ehrlich und direkt — damit du deinen nächsten langen Theaterabend genauso bewusst und komfortabel erleben kannst wie ich es gelernt habe.
Vor dem Abend: Körperliche Grundlage schaffen
Ein langer Theaterabend beginnt nicht erst am Einlass, sondern Stunden vorher. Ich achte bewusst auf Schlaf und Ernährung: Mindestens sieben Stunden Schlaf in der Nacht davor helfen mir, während der Vorstellung klar zu bleiben. Wenn ich weiß, dass die Performance vier Stunden dauert, vermeide ich schwere Mahlzeiten unmittelbar davor — ein schweres Abendessen kann träge machen, und ich möchte nicht während eines intensiven Monologs kämpfen, wach zu bleiben.
Stattdessen wähle ich eine leichte, sättigende Mahlzeit ein bis zwei Stunden vorher: ein Stück gegrillter Fisch oder Hühnchen mit Gemüse, oder eine größere Portion Salat mit Quinoa. Bei sehr langen Abenden nehme ich manchmal einen kleinen, proteinreichen Snack mit (z. B. ein Müsliriegel oder ein kleines Nuss-Päckchen). Marken wie Trek oder Clif Bars haben praktisch portionierte Riegel, die mir helfen, Energie zu behalten, ohne zu beschweren.
Kleidung und Schichten: Komfort zählt
Theatersäle können überraschend kühl oder warm sein, oft hängt die Temperatur von der Zuschauerzahl und der Bühnentechnik ab. Meine Faustregel: Schichte dich. Ein leichter Pullover über einem T-Shirt, dazu eine Jacke, die man leicht über dem Stuhl lassen kann. Für noch mehr Komfort nehme ich gerne einen dünnen Schal mit, den ich mir über die Schultern legen kann.
Bequeme, aber ordentliche Kleidung ist mein Motto. Ich will nicht in Jeans zappeln oder in einem engen Kleid nervös sein — beides lenkt ab. Wenn du besonders durch Kälte gestört bist, lohnt sich auch eine kleine, zusammenfaltbare Decke (Reisedecken gibt es sehr kompakt, zum Beispiel von PackTowl oder ähnlichen Outdoor-Marken).
Logistik: Anreise, Tickets, Sitzplatzwahl
- Anreise planen: Plane genug Zeit für Anreise und Garderobe ein. Nichts zerstört die Stimmung so sehr wie Hetze kurz vor Vorstellungsbeginn.
- Sitzplatzwahl: Bei einer mehrstündigen Aufführung achte ich besonders auf meinen Sitzplatz. Wenn möglich, wähle ich einen Platz mit guter Sicht und genug Beinfreiheit. Mitte-Reihe, leicht versetzt, ist oft entspannter als ganz vorne oder ganz hinten.
- Tickets und Rückfahrt: Wenn die Aufführung sehr spät endet, kläre vorher die Rückfahrt — vor allem in ländlicheren Regionen der Schweiz. Ich informiere mich über SBB-Verbindungen oder organisiere ein Taxi/Carpool.
Was ich in die Tasche packe
Meine kleine Theater-Notfallmappe enthält:
- Ein kleines Fläschchen Wasser (wenn erlaubt),
- zwei leichte Snacks (Nüsse, Traubenzucker),
- ein Taschentuch,
- Powerbank für das Handy (falls nötig),
- Kopien meiner Tickets und Notfallkontakte.
Bei den Snacks achte ich auf geruchsarme und leise essbare Sachen: Niemand möchte neben jemandem sitzen, der laut knuspert. Für manche Häuser ist Essen im Saal nicht erlaubt — informiere dich vorher.
Mentale Vorbereitung: Erwartungen und Bereitschaft
Die wichtigste Arbeit ist für mich die mentale. Ich frage mich vorher: Bin ich offen für Langsamkeit? Bin ich bereit, Gedanken schweifen zu lassen? Eine mehrstündige Performance kann repetitiv, herausfordernd oder meditativ sein. Ich versuche, mit offener Neugier statt mit dem Wunsch nach Unterhaltungsbefriedigung hinzugehen.
Wenn möglich, lese ich Programmheft, Regiekonzept oder Interviews mit dem Team vorher — das gibt Ankerpunkte während der Aufführung. Bei experimentellen Formaten spare ich mir manchmal jeglichen Kontext, um die Überraschung nicht zu nehmen; beides hat seine Reize.
Während der Vorstellung: Energie einteilen und Pausen nutzen
Ich sehe eine lange Aufführung wie einen Marathon: du musst deine Aufmerksamkeit einteilen. Wenn es Pausen gibt, nutze ich sie bewusst — kurz an die frische Luft, ein Schluck Wasser, eventuell Notizen auf dem Handy. Wenn es keine offiziellen Pausen gibt, plane ich kleine Momente, in denen ich die Augen schließe und meine Wahrnehmung ordne (sofern es die Situation erlaubt).
Ich achte auch auf Körperhaltung: Wenn möglich, setze ich mich bequem, vermeide verkrampftes Sitzen und strecke gelegentlich Beine und Nacken heimlich. Das hilft, Ermüdung und Schmerzen zu verhindern.
Aufnahme von Eindrücken: Notizen, Fotos, Stimmen
Als Kulturjournalistin schreibe ich während oder direkt nach der Vorstellung oft Stichworte. Ich nutze mein Smartphone für kurze Notizen oder die Sprachmemo-Funktion, um spontane Eindrücke festzuhalten. Fotos sind in vielen Häusern untersagt — respektiere das, sonst zerstörst du die Erfahrung für dich und andere.
Ein Tipp: Notiere drei Dinge, die dich zu Beginn besonders angesprochen haben, und drei Dinge, die dich am Ende noch beschäftigen. Diese einfache Struktur hilft mir, die Zeit in Abschnitte zu gliedern und nicht in einem einzigen Gefühl zu versinken.
Akustik, Technik und Sicht — wie man sie nutzt
Bei längeren Performances sind Lautstärke und Licht oft dynamisch. Wenn laute Szenen dich ermüden (oder stressen), setze ich mich eher in eine Mittel- oder Randposition, wo dein Blick mehr Ruhefenster hat. Für Menschen, die empfindlich auf Lichtblitze reagieren, kann ein Platz seitlich vom Rampenlicht hilfreich sein.
| Problem | Meine Lösung |
|---|---|
| Lautstärke ermüdet | Platz wählen, der nicht direkt vor Lautsprechern liegt; Ohrstöpsel bereithalten |
| Wenig Beinfreiheit | Früh einchecken, mittlere Sitzreihe oder Loge wählen |
| Technische Überraschungen | Programmheft lesen; mentale Bereitschaft für Unvorhergesehenes |
Soziale Regeln und die eigene Aufmerksamkeit
Ich respektiere sehr, dass lange Performances oft eine fragile gemeinsame Erfahrung sind. Deshalb schalte ich mein Handy aus oder mindestens auf Flugmodus, vermeide Gespräche während der Vorstellung und versuche, nicht permanent zu kommentieren. Wenn du mit einer Begleitung gehst, vereinbare vorher, ob ihr während der Pause sprechen wollt oder nicht — das kann Konflikte vermeiden.
Nach der Vorstellung: Nachsinnen und Austausch
Direkt nach dem Ende nehme ich mir Zeit, nicht sofort aufzubrechen. Oft setze ich mich einen Moment hin, lasse die Eindrücke sacken, schreibe ein paar Notizen oder teile meine ersten Gedanken mit einer Begleitung. Wenn es möglich ist, suche ich das Gespräch mit dem Ensemble oder den Machern — kurze Begegnungen hinterlassen oft wichtige, zusätzliche Perspektiven.
Wenn du das Gefühl hast, überfordert zu sein, ist das auch in Ordnung. Manche Aufführungen wirken erst Tage später voll nach. Ich gebe mir selbst die Erlaubnis, die Erfahrung wirken zu lassen und später noch einmal in Ruhe darüber nachzulesen oder aufzuschreiben.