Als Veranstalterin kleinerer Festivals in der Schweiz habe ich gelernt: Nachhaltigkeit ist kein Luxus, sondern eine kreative Herausforderung — besonders mit begrenztem Budget. In diesem Text teile ich meine Herangehensweise, konkrete Maßnahmen und Tools, die sich bewährt haben. Mein Ansatz verbindet Ökologie, soziale Verantwortung und ökonomische Realität: Nachhaltig planen heißt nicht, alles sofort perfekt zu machen, sondern Prioritäten zu setzen und Schritt für Schritt Verbesserungen umzusetzen.
Was bedeutet "nachhaltiges Festivalszenario" konkret?
Für mich umfasst Nachhaltigkeit drei Ebenen: ökologisch (Ressourcen schonen, Abfall vermeiden, Energie effizient nutzen), sozial (faire Arbeitsbedingungen, Barrierefreiheit, lokale Einbindung) und ökonomisch (kosteneffiziente Lösungen, langfristige Finanzierbarkeit). Selbst auf kleinem Budget kann man in allen drei Bereichen Wirkung erzielen — wenn man priorisiert und kreativ ist.
Frühzeitige Planung und transparente Zielsetzung
Je früher das Nachhaltigkeitskonzept in die Planung einbezogen wird, desto günstiger und wirksamer sind die Maßnahmen. Ich beginne jede Saison mit einem einfachen Ziel-Set: 2–3 konkrete, messbare Nachhaltigkeitsziele (z. B. 50% Abfallreduktion, 80% regionales Catering, CO2- neutrale Anreiseoptionen). Diese Ziele kommuniziere ich offen auf der Website und in Fördergesuchen — das schafft Vertrauen und hilft bei der Sponsorensuche.
Prioritäten setzen: Wo das Geld am meisten wirkt
Aus Erfahrung rate ich, das Budget dort einzusetzen, wo die Hebelwirkung am größten ist:
- Abfallvermeidung vor Recycling — wiederverwendbares Geschirr, Abfüllstationen für Wasser.
- Regionale Versorgung — lokale Foodtrucks und Produzent:innen reduzieren Transportemissionen und stärken die Community.
- Mobility-Lösungen — Kooperationen mit SBB, Postauto oder lokalen Bikesharing-Anbietern für vergünstigte Tickets.
Konkrete Maßnahmen mit kleinem Budget
Hier eine Liste pragmatischer, kostenschonender Maßnahmen, die ich selbst umgesetzt habe:
- Wiederverwendbares Geschirr: Miete statt Kauf — lokale Verleihfirmen haben oft günstige Pauschalen.
- Wasserstationen statt Einwegflaschen: Ein Trinkbrunnen + wiederverwendbare Becher reduziert Abfall massiv.
- Volontär*innen und Community-Einsatz: Freiwillige als Ressource, mit fairer Verpflegung und Goodies.
- Digitale Kommunikation statt Flyer: zielgerichtete Social-Media-Kampagnen und QR-Codes für Programm.
- Low-Tech-Bühnenbeleuchtung: LED-Leuchten sparen Strom und sind langlebig.
- Second-Hand-Ressourcen: Bühnendekor und Möbel aus Brockenhäusern oder Plattformen wie Ricardo/Anibis.
Budgetbeispiel: kleine Sound-/Energie-Bilanz
| Posten | Konventionell | Nachhaltig/Alternative | Kosteneffekt |
|---|---|---|---|
| Stromversorgung | Dieselgenerator (externe Miete) | Hybrid (kleine Solar-Units + Netzanschluss) | + mittelfristig: Einsparung durch weniger Diesel + Image |
| Geschirr | Einweg-Kunststoff | Einweg-Papier/Kompostierbar oder Mietgeschirr | + Mietgeschirr oft günstiger bei mehreren Veranstaltungs-tagen |
| Catering | Weit importierte Produkte | Regional, saisonal, vegane Optionen | + lokale Lieferanten bieten oft günstigere Konditionen |
Kooperationen statt Alleingang
Kooperationen sind Schlüsselfaktor, um mit kleinem Budget mehr zu erreichen. Ich arbeite mit:
- Gemeinden und Kulturhäusern für Infrastruktur (Säle, Stromanschlüsse).
- Lokalen Bauern und Caterern — oft gegen Produkt- oder Service-Swap statt Geld.
- Freiwilligenorganisationen und Schulen für Nachhaltigkeits-Workshops vor Ort.
- Unternehmen mit Nachhaltigkeitsagenda (z. B. EcoFlow für mobile Stromlösungen, lokale Autovermietungen mit E-Fahrzeugen) — immer klar definierte Gegenleistungen vereinbaren.
Mobilität: praktische Ansätze zur CO2-Reduktion
Mobilität ist ein großer Hebel. Meine besten Erfahrungen:
- Koordination von Mitfahrgelegenheiten via Eventplattformen oder Facebook-Gruppen.
- Zusammenarbeit mit SBB für vergünstigte Gruppentickets und Bewerbung von ÖV-Anreise auf der Website.
- Förderung von Cargo-Bikes/Lastenvelos (z. B. Carvelo) für Lieferungen vor Ort.
Kommunikation: ehrlich und inspirierend
Wichtig ist, nicht mit Übertreibungen zu arbeiten. Ich teile offen, was wir erreichen und woran wir noch arbeiten: das schafft Glaubwürdigkeit. Gute Inhalte sind:
- Transparente Nachhaltigkeitsziele und Jahresberichte.
- Stories über lokale Partnerinnen und Partner — das motiviert das Publikum, ebenfalls nachhaltig zu handeln.
- Praktische Hinweise für Besucherinnen (z. B. "Bring deine Trinkflasche mit").
Messung und kleine Erfolgskontrollen
Man muss nicht alles wissenschaftlich messen — einfache Indikatoren genügen meist: Abfallmengen (kg), Anteil regionaler Anbieter (%), Anzahl ÖV-Fahrten (via Umfrage). Ich sammle nach jedem Festival Feedback und Zahlen, um Prioritäten für das nächste Jahr zu setzen.
Fördermittel, Sponsoring und Crowdfunding
Nachhaltige Projekte lassen sich oft gut finanzieren, weil sie Förderprogramme ansprechen. Ich habe positive Erfahrungen mit:
- Kommunalen Kulturförderungen (Anträge mit Nachhaltigkeitskonzept erhöhen die Chance).
- Stiftungen, die Umwelt- oder Kulturprojekte unterstützen.
- Crowdfunding-Kampagnen — besonders wirksam, wenn konkrete nachhaltige Ziele kommuniziert werden (z. B. "Mit 2'500 CHF finanzieren wir Solarmodule für die Bühne").
- In-Kind-Sponsoring (z. B. Leih-Generatoren, Ausstattung, Logistik-Unterstützung).
Fehlerkultur: Learning by Doing
Nicht alles läuft beim ersten Mal glatt. Ich dokumentiere Fehler offen: Überbudgetierung bei Mietgeschirr, zu wenige Toiletten, Kommunikationspannen. Wichtig ist: Nach jedem Festival kurz evaluieren, was zu teuer war, was die Gäste geschätzt haben und wo Prioritäten für das nächste Jahr liegen.
Wenn du möchtest, kann ich dir eine Checkliste für die Budgetplanung oder ein Beispiel-Pitch-Deck für Förderanträge zur Verfügung stellen — ideal, um konkrete Schritte für dein Projekt zu planen.